Dr. Peter Hammacher | Aufsätze: Vertragsrecht und privates Baurecht
Installateur einer Wärmepumpe muss Füllwasser auf Korrosionsrisiken prüfen, IBR 2023, 2696
Der Auftraggeber erwartet, dass der Auftragnehmer die zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden Regeln der Technik beachtet. Das gilt auch dann, wenn dem Vertrag die VOB/B mit ihren §§ 1 Abs. 1, 13 Abs. 1 nicht zu Grunde gelegt wurde. Die Einordnung der VDI-Richtlinie 2035 als anerkannte Regel der Technik zwingt die ausführenden Unternehmen, sie zu berücksichtigen, selbst dann, wenn die Richtlinie in der Praxis nicht unumstritten sein sollte…
Rasante Erhöhung der Stahlpreise – Hilfe durch Stoffpreisgleitklausel? Bauwirtschaft -1/2021, S.8
Die geltende Regelung zur Stoffpreisgleitklausel im öffentlichen Bauwesen ist ein potenzielles Entlastungsinstrument für Auftragnehmer in Zeiten steigender Rohstoffpreise – wird jedoch in der Praxis zu selten angewendet oder ungerecht ausgestaltet. Eine faire Risikoverteilung ist nicht gegeben. „Cost plus fee“-Modelle könnten für mehr Transparenz und Gerechtigkeit sorgen. Rechtlich bleibt die Anwendung von Stoffpreisgleitklauseln insbesondere bei Preissenkungen problematisch.
1. Ausgangslage: Stahlpreisentwicklung
Ende 2020 kam es zu drastischen Preissteigerungen für Stahl, Eisenerz und Schrott.
Stahlpreise stiegen im Dezember 2020 um bis zu 100 €/t.
Prognosen sahen im 1. Quartal 2021 eine weitere Preissteigerung von ca. 5 %.
Ursachen: hohe Nachfrage, knappe Verfügbarkeit, internationale Handelskonflikte, US-Zölle, volatile Märkte.
2. Stoffpreisgleitklauseln als Instrument
Öffentliche Auftraggeber können bei Bauverträgen Stoffpreisgleitklauseln nutzen, um Preisrisiken auszugleichen.
Voraussetzungen:
Preisvolatilität des Stoffes.
Ausführungszeitraum von mindestens 10 Monaten (Ausnahme: 6 Monate bei besonders hohem Risiko).
Der Stoff muss mind. 1 % der Auftragssumme ausmachen.
Regelung erfolgt über spezielle Formblätter (z. B. Formblatt 225).
Es gibt Bagatellgrenzen (2 %) und Selbstbehalte (10 %) für Auftragnehmer.
Gleitklausel greift bei Preisanstiegen und -senkungen (Letzteres ist jedoch rechtlich umstritten).
3. Berechnungsbeispiel
Detailliertes Rechenbeispiel zur Anwendung der Stoffpreisgleitklausel beim Einbau von Betonstahl in Brückenbau.
Zeigt, wie Preissteigerungen anteilig erstattet werden – nach Abzug des Selbstbehalts.
Veranschaulicht die praktische Anwendung anhand von Preisindizes und Einbauzeitpunkten.
4. Kritische Analyse
4.1. Risikoverteilung
Aktuelle Regelung bevorzugt öffentliche Auftraggeber.
Relevante Preiszeitpunkte (z. B. tatsächliche Materialbeschaffung) werden nicht berücksichtigt.
Preisrisiken liegen oft einseitig beim Auftragnehmer, obwohl dieser keinen Einfluss auf die Preisentwicklung hat.
4.2. „Cost plus Fee“ als Alternative
Vorschlag: Transparente Materialkostenabrechnung nach tatsächlichem Einkauf („cost plus fee“).
Mehr Gerechtigkeit bei der Preisverteilung, klare Nachvollziehbarkeit für beide Seiten.
Auftraggeber würde das Preisrisiko für Baumaterial tragen – Paradigmenwechsel nötig.
4.3. Keine Erstattung bei schuldhafter Fristüberschreitung
Mehraufwendungen werden nicht ersetzt, wenn der Auftragnehmer Fristen schuldhaft überschreitet.
Nur vertraglich vereinbarte Fristen gelten dabei, nicht intern gesetzte Bauzeitenpläne.
4.4. Problematische Rückerstattung bei Preissenkungen
BGH urteilte, dass Gleitklauseln bei Preissenkungen teils unwirksam sind (überraschende Klausel nach § 305c BGB).
Auftragnehmer darf nicht gezwungen werden, mit Preisen zu kalkulieren, die bei Angebotsabgabe nicht aktuell sind.
5. Vergabepraxis
5.1. Pflicht zur Gleitklausel
Laut Vergabehandbuch des Bundes müssen Stoffpreisgleitklauseln vorgesehen werden – wird jedoch selten umgesetzt.
Fehlt sie, muss der Auftragnehmer das volle Preisrisiko tragen – widerspricht § 7 VOB/A (kein ungewöhnliches Wagnis).
5.2. Rügepflicht & Kommunikation
Bieter müssen das Fehlen einer Stoffpreisgleitklausel rechtzeitig rügen (§ 160 GWB).
Alternativ: aktive Nachfrage oder Nebenangebot mit Gleitklausel.
Problem: Frühzeitige Rüge kann spätere Ansprüche auf § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) ausschließen.
Die geltende Regelung zur Stoffpreisgleitklausel im öffentlichen Bauwesen ist ein potenzielles Entlastungsinstrument für Auftragnehmer in Zeiten steigender Rohstoffpreise – wird jedoch in der Praxis zu selten angewendet oder ungerecht ausgestaltet. Eine faire Risikoverteilung ist nicht gegeben. „Cost plus fee“-Modelle könnten für mehr Transparenz und Gerechtigkeit sorgen. Rechtlich bleibt die Anwendung von Stoffpreisgleitklauseln insbesondere bei Preissenkungen problematisch.
Prüf- und Hinweispflicht des Auftragnehmers bezüglich vorheriger Planung und nachfolgendem Gewerk?
Die Prüfungs- und Hinweispflichten gebieten es in der Regel nicht, dass der Auftragnehmer die seiner Werkleistung nachfolgenden Arbeiten beobachtet und den Auftraggeber auf zu erwartende bzw. bereits aufgetretene Mängel aufmerksam macht. Wie intensiv der Auftragnehmer die ihm übergebenen Planungsunterlagen zu prüfen hat, ist sehr stark vom Einzelfall abhängig und letztlich eine Frage der Zumutbarkeit Dabei spielt es eine Rolle, ob der Auftraggeber erkennbar kompetent beraten ist. Eine Hinweispflicht bezüglich des nachfolgenden Gewerks kommt selten, aber etwa dann in Betracht, wenn die Gefahr besteht, dass der nachfolgende Unternehmer nicht erkennen kann, dass die Vorleistung keine geeignete Arbeitsgrundlage für diesen ist.
GU senkt Qualitätsanforderungen ab: Prüf- und Hinweispflichten des NU reduziert, Einbeziehung des Herstellers, IBR 2022-08-01
Wenn Auftraggeber und Auftragnehmer die Qualitätsanforderungen senken, muss der Auftragnehmer nur offenkundige Mängel im Leistungsverzeichnis prüfen. Wenn ein Generalunternehmer die Anforderungen reduziert, übernimmt er die Rolle eines fachkundigen Auftraggebers. Selbst wenn man annimmt, dass zur Herstellung der Funktionstauglichkeit eines Senk-Klapp-Fensters die Notwendigkeit einer VSG-Verglasung besteht (hier nicht entschieden, kann sich der Auftragnehmer vom Mangelvorwurf befreien, indem er den fachkundigen Hersteller einbezieh…
Wann beginnt die Ausführung im Stahlbau? ibr-online: IBR 2021, 2172
Einen Grundsatz, dass im Zweifel der Ausführungsbeginn in der Aufnahme der Tätigkeit auf der Baustelle liege, gibt es nicht. Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 BGB). Eine „eigentliche“ Bauausführung ist der VOB/B fremd. Weder Wortlaut noch Zweck begrenzen den Anwendungsbereich des § 5 VOB/B auf die reine Baustellentätigkeit. Der tautologische Schluss, Planungen müssten zum Ausführungsbeginn fertig gestellt sein und könnten deshalb nicht selbst unter den Ausführungsbeginn fallen, geht für die Klärung der Frage, was denn nun gerade unter Ausführungsbeginn zu verstehen ist, ins Leere. Gem. § 1 VOB/B ist für Stahlbauarbeiten die ATV DIN 18335 anzuwenden. Es kann nur montiert werden, was zuvor gefertigt wurde. Der Fertigung geht eine umfangreiche Planung mit einem besonderen Verfahren der Planungsabstimmung voraus: Auf der Grundlage der Ausführungsplanung des Auftraggeber hat der Auftragnehmer die Herstellungsunterlagen zu erstellen und diese dem Auftraggeber zur Prüfung vorzulegen. Erst nach deren Freigabe kann die Fertigung beginnen. Anders als in anderen Gewerken ist die Planung im Stahlbau, ebenso wie im Maschinen- und Anlagenbau, eine wesentliche Hauptleistung und keine „arbeitsvorbereitende Maßnahme“; sie kann ohne Mitwirkung des Auftraggeber gar nicht erbracht werden. Zwischen Planungs- und Montagebeginn können Monate intensiver Arbeit im technischen Büro und in den Fertigungshallen liegen. Mit Planungsbeginn beginnt die Vertragsausführung – und nicht mit Aufstellen eines Containers auf der Baustelle. Die gravierenden Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4 VOB/B sind nur zu rechtfertigen, wenn klare Terminvereinbarungen getroffen wurden. Es ist Sache des Auftraggeber einen Bauzeitenplan zu erstellen, der ausdrücklich Vertragsfristen ausweist. Statt dort mehrdeutig von Ausführungsbeginn zu sprechen, sollten messbare Meilensteine definiert werden. Dazu können die Termine für die Vorlage der Herstellungsunterlagen in Abhängigkeit von der Übergabe der Ausführungsunterlagen des Auftraggeber genauso gehören wie die Baustelleneinrichtung (näher: Hammacher/Steinmann, DIN-Kommentar zu ATV DIN 18335 und 18360, 2. Aufl.).
Kein Mangeleinbehalt bei wirksamer Bedenkenanzeige! ibr-online: IBR 2021, 2143
Bedenkenanzeigen gehören gleich nach den Behinderungsanzeigen zu den unbeliebtesten Instrumenten der Auftragsabwicklung, argwöhnt der Auftraggeber und seine Bauleitung doch, dass hier lediglich die Vorbereitungen für künftige Ansprüche getroffen werden sollen. VOB/B und Gesetz verlangen jedoch die Kooperation der Baubeteiligten. Dazu gehören die Prüf- und Hinweispflichten auf beiden Seiten. So wie der Auftragnehmer verpflichtet ist, auf Risiken hinzuweisen, obliegt es dem Auftraggeber im eigenen Interesse zu überlegen, ob er den Hinweisen nachgeht und gegebenenfalls seine Planung verändert. Sachliche Informationen helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Eine Bedenkenanzeige gegenüber dem Bauleiter des Auftraggebers ist ausreichend. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Bauleiter den Bedenken verschließt. Ein mündlicher Bedenkenhinweis genügt auch im VOB-Vertrag, wenn er eindeutig, d. h. inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist. Entscheidend ist, dass eine ausreichende Warnung erfolgt. Der Bedenkenhinweis im Baustellenprotokoll ist Urkundsbeweis…
Corona in der Lieferkette – Bauen als Mehrparteien-Projekt, Der Bausachverständige, 4 | 2020, S.53
Corona hat die Schwächen der bisherigen Vertragskultur im Bauwesen offengelegt. Bilaterale Verträge erzeugen in Krisen Ketten von Konflikten. Zukünftig braucht es mehr Kooperation, Transparenz und faire Risikoverteilung – entweder durch neue Vertragsmodelle (Partnering/Alliancing, Mehrparteienverträge) oder durch ein verändertes Verhalten der Beteiligten im Umgang miteinander.
1. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Bauverträge
Die Pandemie führte zu Störungen im Bauablauf und damit zu Mehrkosten.
Diese Mehrkosten müssen rechtlich eingeordnet werden (z. B. Unmöglichkeit, Wegfall der Geschäftsgrundlage, Kündigung aus wichtigem Grund).
Jeder Fall ist vertragsspezifisch und individuell zu prüfen.
2. Bilaterale Vertragsbeziehungen
Obwohl Bauprojekte viele Beteiligte einbeziehen, sind die Rechtsverhältnisse stets bilateral (z. B. Bauherr ↔ Generalunternehmer, Generalunternehmer ↔ Auftragnehmer, Auftragnehmer ↔ Subunternehmer).
Unterschiedliche Gründe für Störungen (behördliche Anordnung, organisatorische Defizite, Entscheidungen des Bauherrn) führen zu verschiedenen Rechtsfolgen für jeden Vertragspartner.
Kettenreaktionen von Streitigkeiten entstehen, die jeweils gesondert gelöst werden müssen und Ressourcen binden.
3. Beispielhafte Problemfelder
Anzahlungen: Ob eine bereits erhaltene Anzahlung zurückgezahlt werden muss, hängt ausschließlich vom konkreten Vertrag und dem Verhalten der Parteien ab.
Risikoverteilung: Weder kann pauschal alles „auf die Pandemie“ geschoben werden, noch kann man abstrakt die Verantwortung nach oben oder unten in der Kette weitergeben.
4. Notwendigkeit neuer Baukultur
Klassische Vertragsmodelle führen in Krisen zu Abwehrkämpfen und schwer lösbaren Verteilungskonflikten.
Alternative Modelle wie „Partnering“ oder „Alliancing“ setzen auf Kooperation, gemeinsames Verständnis des Projekts und gerechte Risikoteilung.
Der Deutsche Baugerichtstag denkt über Mehrparteienverträge als neuen Vertragstyp nach.
5. Zentrale Lehre
Die Pandemie zeigt deutlich, dass konfliktorientierte Einzelverträge an ihre Grenzen stoßen.
Nur durch kooperative Modelle und eine veränderte Baukultur kann man Krisen besser bewältigen und unnötige Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
Auch ohne neue Gesetzesmodelle können die Beteiligten schon heute durch Verhandlung, Fairness und gemeinsame Kriterien eine tragfähige Grundlage für Zusammenarbeit schaffen.
Zimmermann und Dachdecker müssen auf Holzbockbefall hinweisen, ibr-online_ IBR 2020, 2651
Das LG Bremen Urt. v. 14.02.2020 hat die Verletzung einer Nebenpflicht auf Prüfung der vorhandenen Holzkonstruktion angenommen und vermutet, dass sie diese Pflichtverletzung auch zu vertreten hatten (§ 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Gericht entspricht damit dem verbreiteten Bedürfnis, Prüf- und Hinweispflichten einheitlich als Nebenpflicht zu beurteilen. Der BGH meint hingegen, dass die Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht kein Tatbestand sei, der die Mängelhaftung begründet und wendet stattdessen § 13 Abs. 3, § 4 Abs. 3 VOB/B auch auf BGB-Bauverträge an. Auf den Fall übertragen: Die Holzbauarbeiten der Handwerker zeigen Mängel auf, die auf die vom Vermieter beigestellte Holzkonstruktion zurückzuführen sind. Da die Handwerker auf die Vorschädigung durch den Holzbock nicht hingewiesen haben, ist ihr Werk mangelhaft. Anspruchsgrundlage wären danach § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bei der ersten Vorgehensweise muss der Auftraggeber eine Nebenpflichtverletzung beweisen; bei der zweiten reichen Mangel und Feststellung, dass der Auftragnehmer sich nicht durch einen entsprechenden Hinweis „befreit“ hat. Der Zimmermann hatte angegeben, gar nicht unmittelbar an der Dachkonstruktion gearbeitet zu haben, der Dachdecker, dass er die übliche Prüfung des Dachstuhls auf Ausfluglöcher und Fraßspuren durch Sicht- und Klopfkontrollen durchgeführt habe. Dem Gericht hat es aber genügt, dass der Sachverständige im Nachhinein die Erkennbarkeit des Befalls rekonstruiert hat. Damit war der Beweis der Pflichtverletzung geführt. Da beide Handwerker unabhängig voneinander die Vorschädigung nicht erkannten, lag Gesamtschuld vor. Fazit: Lieber vor Beginn der Arbeiten den Bestand in zumutbarer Weise prüfen und das Prüfergebnis mitteilen, als sich später von einem Dritten, der nicht dabei war, sagen lassen zu müssen, man habe etwas Offensichtliches übersehen.
Bei Reparaturarbeiten auch auf andere Schadensrisiken hinweisen, IBR 2020, 2514
Zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2019 – 21 U 43/18: Anscheinend bezog sich der Reparaturauftrag nicht auf die Kette, und deren Prüfung war auch nicht für die eigene geschuldete Leistung erforderlich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.1999 – 22 U 161/98). Deshalb war die Leistung des Auftragnehmers mangelfrei und es handelte sich nicht um einen Mangelanspruch. Dann ist aber die vom Gericht angegebene Anspruchsgrundlage §§ 280, 634 Nr. 4 BGB falsch. Der Anspruch ergibt sich vielmehr aus § 242 Abs. 2, § 280 BGB. Der vom BGH für das Baurecht entwickelte Funktionsmangel mit Befreiungstatbestand (§ 13 Abs. 4, § 4 Abs. 3 VOB/B; BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VI ZR 183/05, IBRRS 2006, 4950; a. A. noch OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2007 – 5 U 6/07, IBRRS 2008, 1691) greift hier nicht. Die letztlich aus Treu und Glauben abgeleiteten Kooperations- und Treuepflichten führen aber auch im Baurecht zu möglichen Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Nebenpflicht.
Interview »Auftragsabwicklung in Zeiten der Corona-Krise«, Newsletter Der Bausachverständige März 2020
Sicherheiten in der Krise des Vertragspartners, Hinweise zum Umfang mit der Corona-Krise am Bau, Der Bausachverständige 2/2020, S.58
Nur wenn Leistung und Zahlung in einem adäquaten und zeitnahen Verhältnis stehen, können die Risiken für beide Seiten minimiert werden. Zeichnet sich die Insolvenz bereits ab, ist es für den Auftragnehmer sehr schwer, die Vergütung für bereits erbrachte Lieferungen/Leistungen noch zu erhalten. Selbst wenn es gelingt, den Vertragspartner in der Krise noch zu Teilzahlungen zu bewegen, ist nicht sicher, ob der Auftragnehmer diese auch behalten wird. §§ 129 ff. Insolvenzordnung wollen verhindern, dass sich einige Gläubiger in der Krise des Vertragspartners zu Lasten der anderen befriedigen können. So müssen grob gesagt empfangene Leistungen oder Sicherheiten, die in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung der Insolvenz erhalten wurden, meist wieder zurückgewährt werden, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt wird, dieser die Rechtshandlungen anficht. Es muss also bereits vorher gehandelt worden sein, wobei selbst das eine spätere Anfechtung nicht immer ausschließt, z.B. § 133 InsO, § 3 AnfG. Ist Insolvenz eingetreten und ist der Vertrag von beiden Seiten noch nicht erfüllt, muss der Insolvenzverwalter auf Aufforderung entscheiden, ob er den Vertrag erfüllen lassen will. Hier besteht ein kleiner Ermessensspielraum, der aber meist die in der Vergangenheit bereits aufgelaufenen Forderungen nicht berücksichtigt. Abzuraten ist von Akten der Selbstjustiz, etwa dem Ausbau bereits montierten Materials. Solche Maßnahmen können sogar strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Konsequenzen für die Praxis:
- Risikoanalyse: Welche Vertragsbeziehungen bedürfen aufgrund ihrer Relevanz für die Auftragsabwicklung einer besonderen Absicherung?
- Ist eine adäquate Zug um Zug Leistung/Zahlung vereinbart und wird sie beachtet?
- Ist es aufgrund der guten bestehenden Beziehungen möglich, defizitäre Vertragsregelungen nachzuverhandeln?
- Gibt es Anzeichen für ein Schwächeln von Vertragspartnern? Wird die Bonität systematisch überwacht? Besteht die eigene Bereitschaft, Sicherheitsanforderungen konsequent durchzusetzen, z.B. durch Einstellen bzw. Zurückbehalten von Leistungen oder Lieferungen?
- Welche Sicherheitsmaßnahmen wären unter Berücksichtigung des Einzelfalls geeignet und am ehesten durchsetzbar?
- Risikoprävention: Die aufgedrängte Pause nutzen, um die eigenen Verträge inkl. Allgemeinen Liefer- und Bestellbedingungen, Textbausteinen, Vertragsmustern etc. prüfen zu lassen.
Dach-ARGE-Vertrag: pactum de non petendo, ibr-online: IBR 2019, 2920
Der Dach-ARGE-Vertrag der Bauindustrie enthält einen wirksamen Verzicht auf gerichtliche Geltendmachung der Forderung als Auftragnehmer. Der vertragliche zeitweilige Verzicht der Gesellschafter einer Dach-ARGE auf jedwede gerichtliche Geltendmachung strittiger Forderungen gegen die ARGE wirkt für bereits entstandene Forderungen des Gesellschafters grundsätzlich auch dann fort, wenn dieser als Gesellschafter der Dach-ARGE ausscheidet. In diesem Teil der Entscheidung des OLG obsiegt der Gedanke, dass die ARGE-Partner sich verpflichtet haben, gemeinsam ein Projekt abzuwickeln und dieses nicht durch laufende Rechtsstreitigkeiten zu gefährden. Allerdings: Hätte der Insolvenzverwalter die Klage erst nach Abschluss des Bauprojekts erhoben, wäre sie nach Ansicht des OLG erfolgreich gewesen.
Muss Auftragnehmer prüfen, ob und wie eine bestellte Werkleistung optimiert werden kann? ibr-online: IBR 2019, 2626
Der Auftragnehmer muss nicht auf die Möglichkeit einer Leistungsoptimierung hinweisen, wenn die erreichbare Leistung dem Vertragszweck gerecht wird. Die Entscheidung erinnert daran, dass bei der Prüfung erfolgsbezogener Mängelansprüche die Prüf- und Hinweispflichten zuerst anhand der Beschaffenheitsvereinbarung zu prüfen sind. Auch für den BGH (Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05, IBRRS 2007, 4973, „Forsthaus“) ist die Frage, welcher Erfolg denn eigentlich geschuldet ist, eine Frage der Beschaffenheitsvereinbarung. Wenn dort kein bestimmter Erfolg vereinbart war, kann dem Auftragnehmer auch nicht vorgeworfen werden, dass er diesbezüglich keine Prüfung und keinen Hinweis erteilt hat. Die gegenteilige Auffassung geht entgegen dem Wortlaut des § 633 Abs.2 BGB davon aus, dass die Verfehlung der Verwendungseignung, die Funktionalität, entscheidend sei (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich-Leupertz, 13. Aufl., § 633 Rz. 21). Dann besteht das Risiko höchster Funktionalitätserwartungen auf Seiten des Auftraggeber, auch wenn sie im Vertrag keinen Niederschlag finden, im konkreten Fall z. B. die vom Auftraggeber erhoffte Funktionalität höchster Wirtschaftlichkeit der Solaranlage. Nach beiden Auffassungen ist es wichtig, genau zu prüfen, ob und wenn ja, welche Funktionalitätsvereinbarung getroffen wurde. Gibt es keine, muss der Auftragnehmer auch nicht prüfen und hinweisen, wie man eine solche Funktionalität erreichen, geschweige denn verbessern könnte und zwar auch dann nicht, wenn es sich beim Auftragnehmer um ein Fachunternehmen handelt
Wer Bedenken richtig anmeldet, ist von der Mängelhaftung befreit! ibr-online: IBR 2019, 3069
Die Mitteilung von Bedenken muss inhaltlich richtig sowie erschöpfend sein, damit der Auftraggeber klar ersieht, worum es sich handelt und er demgemäß in eine ordnungsgemäße Prüfung eintreten bzw. diese veranlassen kann. Zwar entsprachen die Bedenken des Auftragnehmers zum damaligen Zeitpunkt noch nicht den anerkannten Regeln, sondern „nur“ dem Stand der Technik. Darauf kommt es aber nicht an: Mitteilungspflichtige Bedenken werden dann ausgelöst, wenn der fachkundige und zuverlässige Auftragnehmer Anlass zu einer entsprechenden Vermutung hat.
Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht muss für Mangeleintritt kausal sein, ibr-online: IBR 2018, 3520
Nach der herrschenden Rechtsprechung leistet der Auftragnehmer (Auftragnehmer) mangelhaft, wenn der Erfolg seiner Leistung nicht eintritt und er seiner Prüf- und Hinweispflicht nicht genügt. Die Entscheidung weist darauf hin, dass zwischen beidem aber immer auch ein Ursachenzusammenhang bestehen muss. Eine Verletzung der Hinweispflicht entfällt, wenn der Auftragnehmer das Problem gar nicht erkennen konnte. Der Hinweispflicht des Auftragnehmers ist logisch eine Prüfpflicht vorgelagert. Wenn der Auftragnehmer mit zumutbarer Anstrengung und Fachkunde den Mangel erkennen kann, muss er den Auftraggeber auch darauf hinweisen. Das hat das Gericht hier verneint, u. a. weil es sich um ein, dem Auftragsumfang des Auftragnehmers nicht zurechenbares Problem der Statik des Bestandsbaus handelte. Es war nicht ersichtlich, ob die Einsturzgefahr für den Auftragnehmer überhaupt erkennbar war. Dann fehlt es an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Mangel (Schaden). Interessant an dieser Entscheidung ist aber eine andere Kausalität: Selbst wenn eine Hinweispflicht bestanden hätte, muss danach deren Verletzung auch die Ursache des Schadens (Mangels) gesetzt haben, oder anders: der Mangel hätte durch den Hinweis vermieden werden können. Ist aber nicht klar, worin die Ursache für den Mangel überhaupt liegt und könnte es sich also auch um eine Ursache handeln, die außerhalb des Verantwortungsbereichs des Auftragnehmers liegt, dann ist die Kausalität nicht nachgewiesen und es entfällt eine darauf gerichtete Prüf- und Hinweispflicht. Dies wird also künftig als Tatbestandsvoraussetzung zu prüfen sein. Dabei ist es von Bedeutung, wer diese Kausalität zwischen der Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht und dem Mangeleintritt zu beweisen hat. (vgl. Hammacher, NZBau 2010, 91). Kann der Auftragnehmer nach Abnahme nicht beweisen, dass nur Ursachen aus dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers in Betracht kommen, entfällt nach dem Grundsatz dieser Entscheidung die Haftung selbst dann, wenn der Auftragnehmer überhaupt nicht geprüft hat.
Wie viel Hinweispflicht besteht gegenüber dem fachkundigen Auftraggeber? IBR 2018 Heft 10, 3317
Zu OLG Schleswig, Urt. v. 27.06.2018 – 12 U 13/18: . Behandeln Sie Ihren Auftraggeber stets wie ein 90-jähriges Mütterlein, das von nichts eine Ahnung hat und weder hören noch sehen kann! Misstrauen Sie jedem, der behauptet Bauunternehmer zu sein und melden Sie für jedes nur erdenkliche Problem aus dem Risikobereich Ihres Auftraggebers Bedenken an – auch wenn Sie dann bald keinen Auftrag mehr bekommen! Die restriktive Rechtsprechung zur Prüf- und Hinweispflicht, insbesondere zum Mitverschulden des Auftraggebers lässt dem Auftragnehmer keine andere Wahl – außer natürlich, mangelfrei zu arbeiten.
Mehrere Schadensursachen möglich: Prüf- und Hinweispflichten nicht verletzt! IBR 2018 Heft 11, 3520
Der Hinweispflicht des Auftragnehmers sist logisch eine Prüfpflicht vorgelagert. Wenn der Auftragnehmer mit zumutbarer Anstrengung und Fachkunde den Mangel erkennen kann, muss er den Auftraggeber auch darauf hinweisen. Das hat das Gericht hier verneint, u. a. weil es sich um ein, dem Auftragsumfang des Auftragnehmers nicht zurechenbares Problem der Statik des Bestandsbaus handelte. Es war nicht ersichtlich, ob die Einsturzgefahr für den Auftragnehmer überhaupt erkennbar war. Dann fehlt es an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Mangel (Schaden). Interessant an dieser Entscheidung ist aber eine andere Kausalität: Selbst, wenn eine Hinweispflicht bestanden hätte, muss danach deren Verletzung auch die Ursache des Schadens (Mangels) gesetzt haben, oder anders: der Mangel hätte durch den Hinweis vermieden werden können. Ist aber nicht klar, worin die Ursache für den Mangel überhaupt liegt und könnte es sich also auch um eine Ursache handeln, die außerhalb des Verantwortungsbereichs des Auftragnehmers liegt, dann ist die Kausalität nicht nachgewiesen und es entfällt eine darauf gerichtete Prüf- und Hinweispflicht. Dies wird also künftig als Tatbestandsvoraussetzung zu prüfen sein. Dabei ist es von Bedeutung, wer diese Kausalität zwischen der Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht und dem Mangeleintritt zu beweisen hat. (vgl. Hammacher, NZBau 2010, 91). Kann der Auftraggeber nach Abnahme nicht beweisen, dass nur Ursachen aus dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers in Betracht kommen, entfällt nach dem Grundsatz dieser Entscheidung die Haftung selbst dann, wenn der Auftragnehmer überhaupt nicht geprüft hat.
Das Einigungsgebot im neuen Bauvertragsrecht – Einigung mit Hilfe von Sachverständigen und Mediatoren, Der Bausachverständige 3/2018, S.56
Nehmen wir an, der Auftragnehmer hat ein Angebot für die geänderten Leistungen vorgelegt und die Vergütung erscheint dem Auftraggeber zu hoch. Wie geht es weiter? Der Gesetzgeber kommt auf eine grandiose Idee: Die Parteien sollen sich einigen! »Die Vertragsparteien streben Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung an«. Man sollte meinen, dass dies doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sei. Ist es aber nicht! Das BGB ist voller Regelungen darüber, wie eine Einigung zustande kommt, wann eine Einigung Voraussetzung für etwas ist und was passiert, wenn sich Parteien nicht einigen. Eine Aufforderung, gefälligst eine Einigung zu erzielen, gab es bisher nur an einer einzigen Stelle im BGB, in § 1627 BGB: »Die Eltern haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen«! Wie im Familienrecht zum Wohle des Kindes sollen die Parteien bei Baustreitigkeiten zum Wohle aller, die von den Streitigkeiten betroffen sind, Einvernehmen erzielen. Verweigert sich eine Partei, droht ihr freilich kein Bußgeld oder Gefängnis, denn der Gesetzgeber kann die Parteien nicht auf diesem Wege zu einer Verhandlung zwingen. Während das pflichtwidrige Verhalten im Familienrecht aber immerhin Anlass sein kann, Maßnahmen zum Schutze des Kindes anzuordnen, § 1666 BGB, fehlt hier eine Entsprechung zum Schutz der Allgemeinheit. Auch der andere Vertragspartner hat — wohl — keinen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung des Verhandlungsgebotes.
Haftung für Mängel trotz Bedenkenanzeige!? IBR 2018, Heft 6, 2848
Der Auftragnehmer haftet trotz Bedenkenanmeldung für Mängel an einer Fassade, wenn er durch eine spezielle Befestigungskonstruktion auf der Unterseite der Verkleidungselemente sowie durch Verklebungen (erfolglos) versucht, von ihm festgestellte Verformungen auszugleichen. Ein Fassadenbauer erhielt den Auftrag, das Atrium einer Firmenrepräsentanz des Endkunden mit Aluminium-Paneelen zu verkleiden. Die Paneele wurden von dem Auftraggeber (Auftraggeber) gestellt. Als der Fassadenbauer seine Holzunterkonstruktion angebracht hatte und die Paneele aufhängen wollte, stellte er fest, dass diese Abplatzungen und Quetschungen aufwiesen. Der Fassadenbauer meldet daraufhin ordnungsgemäß Bedenken an. Unter dem Druck des bevorstehenden Termins für die Abnahme durch den Bauherrn sah sich der Fassadenbauer veranlasst, durch eine spezielle Befestigungskonstruktion auf der Unterseite der Platten sowie durch Verklebungen die von ihm festgestellten Verformungen auszugleichen. Das misslang! Die Plattenverkleidung konnte sich nicht mehr über einen gewissen Zeitraum „setzen“, die Verformungen haben sich nicht ausgeglichen. Die Verkleidung wurde nicht abgenommen. Der Fassadenbauer verlangt dennoch Vergütung für die Montage der Paneele. Ohne Erfolg! Da die Montage der Paneele unbrauchbar war, muss sich der Fassadenbauer so behandeln lassen, als habe er diese Teilleistung gar nicht erbracht. Das erscheint dem Gericht so selbstverständlich, dass es dies nicht einmal begründet. Warum? Ist nicht die Bedenkenanzeige die (fast) einzige Möglichkeit sich von Mängelhaftung zu befreien, § 13 Abs.4 VOB/B? (BGH v. 08.11.2007 – VII ZR 183/05 = IBRRS 2007, 4973). § 4 Abs. 3 VOB/B besagt doch ausdrücklich, dass wenn der Auftragnehmer Bedenken angemeldet hat, der Auftraggeber für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich bleibt. Vermutlich ist hier dem Auftragnehmer das zum Verhängnis geworden, was man am Auftragnehmer besonders schätzt: Kreativität, Kundenorientierung und Hintenanstellen der eigenen Interessen. Hätte es der Auftragnehmer bei der Bedenkenanmeldung belassen, dem Druck Stand gehalten und einfach nichts unternommen, das technische und rechtliche Problem wäre das des Auftraggeber geblieben. So hat der Auftragnehmer dur
Bauherr schuldet keine Bauaufsicht?, IBR 2017, 3624
Zu OLG Brandenburg, Urteil vom 17.01.2017: Leider eine weitere Entscheidung, die den grundsätzlichen Unterschied zwischen Pflicht und Obliegenheit unberücksichtigt lässt (§§ 254, 278 BGB; OLG Hamm, IBR 2013, 412)! „Im Sinne des § 254 BGB besteht das Verschulden des Geschädigten darin, dass dieser diejenige Sorgfaltspflicht außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.“ (RGZ 112,284,287; BGH vom 29.04.1953 – VI ZR 63/52; IBR 2014, 1334 – nur online. „Bei einem Vertragsverhältnis muss sich der Geschädigte die schuldhafte Mitverursachung des Schadens durch eine Hilfsperson gem. § 254 BGB auch dann anrechnen lassen, wenn er sich dieser Hilfsperson nicht zur Erfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht, sondern zur Wahrung seiner eigenen Belange in Ansehung des Vertragsgegenstands bedient hat und das schädigende Verhalten der Hilfsperson in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ihr im Rahmen des Vertrags anvertrauten Pflichtenkreis steht.“ (BGH vom 03.07.1951- I ZR 44/50, BGHZ 3, 46). Die Verletzung der Bauaufsichtsobliegenheit, führt deshalb meines Erachtens zu einem potenziellen Mitverschulden des Auftraggebers – auch dann, wenn keine Rechtspflicht zur und kein Anspruch auf Überwachung des Auftragnehmers besteht. Eine völlig andere Frage ist es, ob dieses Mitverschulden des Auftraggebers ins Gewicht fällt. Das ist aber erst bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge im Einzelfall zu berücksichtigen, die durchaus auch zu Lasten des Auftragnehmers gehen kann.
Nacherfüllungsanspruch und Zurückbehaltung nur, wenn Leistung auch möglich, ibr-online_ IBR 2017, 2351
Bedenkenanmeldung auch bei Baugrundrisiko – und gegenüber dem richtigen Adressaten, ibr-online_IBR 2017, 2352
Große Wasserflächen auf dem Parkplatz stellen zwar einen Mangel dar. Nach Auffassung des Gerichts hat der Auftragnehmer diesen Mangel aber nicht zu vertreten. Die Versickerungsfähigkeit des Untergrunds stellt einen Unterfall des sog. „Baugrundrisikos“ – die Gefahr unvorhergesehener Erschwernisse aufgrund der Beschaffenheit des Baugrunds – dar, das regelmäßig in die Risikosphäre des Auftraggeber fällt, schon weil es sich um den vom Auftraggeber i.S.v. §§ 644 f. BGB zur Verfügung zu stellenden Stoff handelt. Mit dieser Feststellung hätte ein Mangelanspruch bereits verneint werden müssen, denn danach liegt das Risiko beim Auftraggeber. Außerdem kann der Auftragnehmer nicht auf etwas hinweisen, was unvorhersehbar ist. Die Entscheidung zeigt erneut, welch hohe Erwartungen die Rechtsprechung an den Auftragnehmer hinsichtlich seiner Prüf- und Hinweispflicht stellt: Rechtzeitig – Umfassend – gegebenenfalls schriftlich – und gegenüber dem richtigen Adressaten!
E-Mail wahrt die vereinbarte Schriftform – oder doch nicht?, Editorial in Zeitschrift Baurecht 2016,I (Heft 6)
Und wieder liegen zwei voneinander abweichende OLG-Urteile zur gewillkürten Schriftform vor, die die Praxis verunsichern. Wann wird endlich Klarheit geschaffen? Das OLG Jena hat in seinem Urt. v. 26.11.2015 – 1 U 201/15 entschieden, dass eine Mängelrüge per E-Mail das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. Mit einer einfachen E-Mail könne deshalb die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam verlängert werden. Das OLG Jena schließt damit ausdrücklich an eine bisher u.a. vom OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.04.2012 – 4 U 269/11 vertretene Auffassung an, dass es sich bei der E-Mail nicht um eine Form telekommunikativer gem. § 127 Abs. 2 BGB sondern elektronischer Übermittlung gem. § 126 Abs. 3 BGB handele. Auch das OLG München, Urt. v. 23.10.2013 – 7 U 321/13 hielt die Schriftform bei Übersendung einer nicht unterschriebenen Anlage per E-Mail für nicht eingehalten. Allerdings vertritt der gleiche Senat des OLG Frankfurt in seinem jetzt veröffentlichten Urt. v. 10.02.2015 eine andere Meinung, ohne sich allerdings mit der eigenen Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Dort heißt es jetzt: „Gem. § 127 Abs. 2 BGB gehört zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, auch die telekommunikative Übermittlung. Zu dieser gehören aufgrund des inzwischen modernen technischen Standards und der mittlerweile weiten Verbreitung nicht nur das Telegramm oder Telefax, sondern auch die E-Mail oder das Computerfax”. Das OLG Frankfurt lässt jetzt die Übersendung einer per E-Mail versandten Kündigungserklärung, der das Kündigungsschreiben mit Unterschrift als PDF-Datei angehängt war, genügen. In seinem Beschl. v. 30.04.2012 hatte das OLG Frankfurt noch formuliert, dass § 127 BGB „keineswegs die Übermittlung per E-Mail unabhängig von den Voraussetzungen des § 126a BGB ermöglicht, wie sich unschwer aus § 127 BGB entnehmen lässt.” Die bisherige Rechtsprechung des OLG Frankfurt, die das OLG Jena fortführt, hatte Kritik erfahren. Sie stand im Widerspruch zur Auffassung u.a. des BAG vom 16.12.2009 – 5 AZR 888/08; OLG München vom 14.02.2007 – 3 U 5377/06, OLG München vom 09.07.2009, – 29 U 5479/08, OLG Zweibrücken Beschl. v. 04.03.2013 – 3 W 149/12, OLG Hamburg Beschl. v. 06.05.2013 – 2 W 35/13. Der Gesetzesentwurf BT-Drucks. 14/4987 ging ebenso wie die Richtlinie 2009/136 EG vom 25.11.2009 von einem weiten Verständnis von Telekommunikation aus. Bei soviel Unklarheit ist es leicht, auch berechtigte Ansprüche unter Berufung auf formale Fehler zurückzuweisen. Dass auch heute, 14 Jahre nach Änderung des § 127 BGB in einer so einfachen und praktisch doch so bedeutsamen Frage noch immer divergierende Urteile: E-Mail wahrt die vereinbarte Schriftform – oder doch nicht? – BauR 2016 Heft 6 – II gefällt werden, sollte dem Gesetzgeber Anlass sein, nachzubessern. Offenbar fehlt es dem Gesetzeswortlaut an Klarheit. Das am 24.02.2016 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts mit seiner Änderung des § 309 Nr. 13b) BGB löst die Probleme nicht. Nach diesem neuen gesetzlichen Leitbild wird der Verbraucher in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor einer strengeren als der Textform, statt wie bisher der Schriftform geschützt. Damit darf der private Bauherr künftig entgegen der Schriftform-Regelungen der VOB/B per E-Mail Mängel rügen, Zustimmungen erteilen, förmlich abnehmen, Schlusszahlungserklärungen abgeben, kündigen. Für das ausführende Unternehmen und den gewerblichen Auftraggeber bleibt es hingegeben bei der Schriftform und dem Risiko, sie nicht einzuhalten. Bis zur gesetzgeberischen Klärung sind die Parteien, die nicht Verbraucher sind, gezwungen, wichtige Erklärungen vorsichtshalber per Brief oder per Fax abzugeben, mit bürokratischem Aufwand, Kosten und allen für die Auftragsabwicklung verbundenen praktischen Problemen. Alternativ könnte man den Wortlaut der VOB/B ändern und dort statt der Schriftform künftig die Textform vorsehen. Ob das schneller geht? Kommunikation ist das A und O der Konfliktvermeidung. Sie gilt es zu fördern, nicht zu erschweren!
ATV DIN 18335 Teil 2, Rechtliche Implikationen, Der Bausachverständige 2-2015, 53
Rechtshandbuch Anlagenbau, Buchrezension in Zeitschrift NZBau 2016, 26
ATV DIN 1833 Rechtliche Implikationen, in Zeitschrift Der Bausachverständige 6/2015,53
ATV DIN 1833 Rechtliche Implikationen, in Zeitschrift Der Bausachverständige 6/2015,53
Prüf- und Hinweispflichten für Auftraggeber und Auftragnehmer in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen, in Zeitschrift NZBau 2016,20
Die neue ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten“ in Zeitschrift Der Sachverständige 2015, 241
Es ist gelungen, die ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten” an die tatsächlichen Verhältnisse der Praxis anzupassen und die Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer besser zu beschreiben. Die vollständige Harmonisierung mit der Schwester-Norm ATV DIN 18360 „Metallbauarbeiten“ ist noch nicht geglückt. Abgrenzungsstreitigkeiten, wie sie kleinere Betriebe führen müssen, die sowohl Stahlbau- als auch Metallbauleistungen erbringen, wird es deshalb auch weiterhin geben. Die Beschreibung der von Auftraggeber und Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen wird zu einer besseren Abgrenzung der Verantwortlichkeiten führen und Klarheit hinsichtlich der Vergütung nicht geschuldeter Leistungen bringen. Die neue Norm macht deutlich, dass der Schlüssel zur Vermeidung von Konflikten während der Auftragsabwicklung in der Ausschreibung liegt.
Bauzeitverzögerungen bei Stahlbauprojekten – Rechtlicher Rahmen, Konfliktprävention und Konfliktlösung in Zeitschrift Stahlbau (Verlag Ernst & Sohn) Heft 1 2015, 19
Ob ein Stahlbauprojekt konfliktfrei abgewickelt werden kann, hängt wesentlich von der Mitwirkung des Auftraggebers, z. B. der Planung, der Beistellung und der Koordination ab. Durch Änderungs- und Zusatzwünsche oder externe Einflüsse kann es zu Bauzeitverlängerungen und damit zu Mehrkosten für den Auftragnehmer kommen. Das Stahlbau-Unternehmen steht in der Liefer- und Leistungskette weit hinten, sodass sich zeitliche Verzögerungen der vorangegangenen Werke vor allem bei ihm kumulieren. Aus der Bauzeitverzögerung resultierende Mehrkosten kann der Auftragnehmer im Wesentlichen auf drei Anspruchsgrundlagen aufbauen, die jedoch unterschiedliche Anforderungen stellen und frühzeitig – bereits baubegleitend – beachtet und erfüllt werden müssen. Vermeiden lassen sich solche Konflikte jedoch nur durch vorausschauende Vertragsgestaltung. Dabei sollte daran gedacht werden, außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren zu vereinbaren
Zum deutschen Stahlbautag 2014: Vertragsrechtliche Situation bei Ansprüchen aus Bauzeitverlängerung, Tagungsbeitrag
Bereits bei Vertragsschluss sollten sich die Parteien ausreichend darüber Gedanken machen, wie sie mit den Problemen der Bauzeit umgehen wollen, das ist in den Verträgen zu regen. ν Es bedarf eines transparenten und sinnvollen Baumanagements bei dem sowohl Auftragnehmer als auch Auftraggeber und ihre jeweiligen Erfüllungsgehilfen einbezogen werden. Das Thema Prüf-und Hinweispflicht spielt dabei eine wesentliche Rolle ν Die Parteien sollten für die Abwicklung des Vertrages für einen Bau begleitendes Konfliktmanagement sorgen. Kostenprobleme, die sich während der Bauabwicklung ergeben, können vorab und sofort sehr viel besser geregelt werden, als wenn dies erst im Nachhinein im Rahmen der Schlussabrechnung erfolgt. Dazu gibt es verschiedene Angebote, die dem jeweiligen Bauprojekt angepasst werden können. Das kostet etwas, zahlt sich aber schnell wieder aus. Dem Auftragnehmer wird es nur dann möglich sein, Forderungen wegen Bauzeitverlängerung erfolgreich durchzusetzen, wenn er über eine ausreichende Dokumentation verfügt. Es ist eine baubegleitende technische wie kaufmännische Unterstützung zwingend erforderlich. Er muss durch ein strukturiertes Verfahren, unter Einsatz sinnvoller Formblätter, Mess- und Dokumentationstechniken dafür sorgen, dass er seiner Beweislast in vollem Umfange nachkommen kann: Hier liegt das besondere Problem unseres Rechts: wer etwas haben will, muss sämtliche Voraussetzungen hierfür auch beweisen. Daran scheitern in der Praxis eigentlich berechtigter Ansprüche des Auftragnehmers sehr häufig. ν Aufgrund der rechtlichen wie tatsächlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Bauzeitverlängerung empfiehlt sich die frühzeitige Einschaltung von Experten. Es gibt Bausachverständige, die sich auf Bauzeitverlängerung spezialisiert haben. Diese können sowohl als von beiden Seiten beauftragte Konfliktmanager tätig werden, als auch als Privatgutachter für eine der baubeteiligten Seiten., bei der Aufbereitung der notwendigen “ Claims „. Eine fundierte juristische Unterstützung wird allerdings dadurch nicht entbehrlich werden. ν Wichtig ist, dass sämtliche Vorgänge vor, während und nach der Abwicklung des Auftrages zügig vonstattengehen und die Parteien sich ständig hierüber abstimmen. Es ist zum beiderseitigen Vorteil, wenn diese Probleme nicht auf die lange Bank geschoben werden und erst zu einem Zeitpunkt diskutiert werden müssen, wenn sich niemand mehr an die Details erinnert.
Prüf- und Hinweispflichten des Auftragnehmers bei Beteiligung von Architekten und Ingenieuren, in Zeitschrift Der Bausachverständige 3-2014, S. 56
Auftragnehmer tragen ein Haftungsrisiko auch bei Fehlern anderer – Absicherung nur durch sorgfältige Prüfung und rechtzeitige Hinweise.
Zumutbarkeit als Grenze: Auftragnehmer müssen nur prüfen, was ihrem Fachwissen entspricht und erkennbar ist.
Verlassen auf Fachplaner ist möglich – aber nur, wenn deren Beratung tatsächlich erkennbar stattgefunden hat.
Hinweispflicht ist zentral: Wer erkannte Mängel nicht rügt, haftet schnell allein.
Mitverschulden des Auftraggebers und Quotelung sind rechtlich vorgesehen, aber stark von der Rechtsprechung im Einzelfall abhängig.
Gesamtschuldnerische Haftung führt zu komplexen Rückgriffsketten zwischen Architekt und Auftragnehmer.
Prüf- und Hinweispflichten fördern Konfliktlösung und sollen präventiv eingesetzt werden – nicht nur defensiv.
Obliegenheitsverletzung und Mitverschulden des Auftraggebers, wenn er die Werkstattpläne des Auftragnehmers nicht prüft? Zugleich eine Anmerkung zu OLG Hamm vom 12.04.2013, in Zeitschrift BauR 2013,1592
Eine Obliegenheit dient nicht dem Schutz des Dritten, sondern dem Schutz der eigenen Interessen; sie hat nur insofern einen Drittbezug, als ihre Verletzung für den Schaden adäquat kausal gewesen sein muss. Deshalb kommt es darauf, ob die betreffende Obliegenheit gerade gegenüber dem Vertragspartner besteht, ob die Obliegenheit dem Schutz des Vertragspartners dienen soll, ob die Einhaltung der Obliegenheit für den Vertragspartner einen Vorteil bedeuten würde, ob der Vertragspartner auf die Einhaltung der Obliegenheit angewiesen ist, um seine eigene Leistung zu erbringen etc., nicht an. Die Obliegenheitsverletzung hat eine andere Schutzrichtung, als die Pflichtverletzung. Nach dem Kriterienkatalog des X. Senats ist danach zu fragen, ob die Verletzung des Selbstschutzes adäquat kausal zu dem Schaden geführt hat. Es ist auch zu fragen, ob ein hinreichender Zusammenhang zwischen Art und Entstehungsweise des Schadens und der Obliegenheitsverletzung besteht. Der Auftragnehmer hat keinen Rechtsanspruch auf Überwachung. Umgekehrt führt die werkvertragliche Erfolgshaftung des Auftragnehmers aber auch nicht zu einem Anspruch des Auftraggebers auf ein „Rundum-Sorglos-Paket“. Die werkvertragliche Erfolgshaftung entbindet den Auftraggeber nicht davon, sich im eigenen Interesse so zu verhalten, dass ihm aus seinem Handeln oder Unterlassen kein Schaden erwächst. Der Schädiger soll für seine Handlungen einstehen. Es besteht aber kein Grund, ihn auch für solche schadensverursachenden oder schadenserhöhenden Umstände haften zu lassen, die nicht eingetreten wären, wenn sich der Geschädigte zur Wahrung der eigenen Interessen so verhalten hätte, wie man es vernünftiger Weise von jemandem in seiner Situation erwarten kann.
Buch: Prüf- und Hinweispflichten – Bauvertrag, Werkvertrag, Werklieferungsvertrag
Buch: Prüf- und Hinweispflichten – Bauvertrag, Werkvertrag, Werklieferungsvertrag, September 2013,
GHC-Verlag Heidelberg, https://drhammacher.de/ghc-verlag-buecher/;
Zeitliche Anwendbarkeit des BauFordSiG
Zeitliche Anwendbarkeit des BauFordSiG: Maßgeblichkeit der Tathandlung, in Zeitschrift NZBau 2013,293
Stundenlohnarbeiten – übliche Vergütung oder Berücksichtigung der Preisermittlungsgrundlagen? in Zeitschrift BauR 2013,682 (Heft 5)
§ 15 Abs. 1 VOB/B bestimmt, dass Stundenlohnarbeiten nach den vertraglichen Vereinbarungen abgerechnet werden. Soweit für die Vergütung keine Vereinbarungen getroffen worden sind, gilt die ortsübliche Vergütung. Bedeutet das, dass die Preisermittlungsgrundlagen des Hauptauftrages hier keine Rolle spielen? Den Parteien ist selbstverständlich zu empfehlen, vor der Ausführung von Stundenlohnarbeiten eine explizite Vereinbarung über die zugrunde zu legenden Stundenverrechnungssätze zu treffen. Werden vereinbarungsgemäß Stundenlohnarbeiten im Rahmen eines Hauptauftrages ausgeführt und fehlt eine explizite Vereinbarung über die Höhe der Stundenverrechnungssätze, sind diese aus den zum Hauptauftrag getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, d.h. unter Berücksichtigung der Ansätze in der Urkalkulation zu ermitteln.
Erfüllt eine E-Mail die vereinbarte Schriftform? Der Bausachverständige, Heft 1/2013, S. 61
Die Erstveröffentlichung des Beitrags finden Sie beim Bundesanzeiger Verlag in der Publikation „ Der Bausachverständige“, 9. Jahrgang, Heft 1 und 2. Weiterführende Informationen unter https://www.bausv.online/
Zur Abnahme der Leistungen des Bauträgers durch Bausachverständige, Der Bausachverständige, Heft 2/2013, S. 63
- Erfüllt eine E-Mail die vereinbarte Schriftform? (NZBau aktuell Heft 1/2012, VII)
Risiko: e-mail bei vereinbarter Schriftform (Der Bausachverständige, Newsletter 2012-11-22)
Kurzbesprechung der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 30.04.2012, 4 U 269/11, NJW 2012,2206
Stoffpreisgleitklauseln im Stahlbau – Welche Referenz-Zeitpunkte gelten? (BauR 2012,1712)
Stoffpreisgleitklauseln im Stahlbau müssen so konzipiert sein, dass sie dem gestreckten Fertigungsprozess Rechnung tragen. Nur wenn der Marktpreis als Vergleichszeitpunkt herangezogen wird, der bei Auslieferung des Materials an den Stahlhersteller zu zahlen ist, wird der Auftragnehmers adäquat von dem Risiko volatiler Rohstoffmärkte entlastet. Dies sollte bei Neufassung einer für alle öffentlichen Auftraggeber sowie die Deutsche Bahn Auftraggeber geltenden Stoffpreisgleitklausel berücksichtigt werden.
1. Hintergrund
- Stahlpreise schwankten im ersten Jahrzehnt der 2000er stark (Verdopplung 2003–2008, danach drastischer Preisverfall).
- Zur Entlastung der Auftragnehmer wurden Stoffpreisgleitklauseln eingeführt.
- Ziel: Auftragnehmer soll nicht das volle Risiko der volatilen Stahlpreise tragen.
2. Ausgangsregelungen
- Bund und Länder setzten Klauseln ein, wenn:
– Vertragsdauer ≥ 1 Monat,
– Stahlanteil > 1 % des Auftragswertes.
- Maßgeblicher Referenzzeitpunkt laut ursprünglicher Formel: Index „zum Zeitpunkt des Einbaus/der Verwendung“.
- Problem: Seit 2012 fehlen einheitliche Marktpreisindizes (Walzstahl-Vereinigung stoppte Veröffentlichungen).
3. Besonderheiten des Stahlbauprozesses
- Stahl durchläuft mehrere Schritte: Bestellung → Lieferung → Eingangskontrolle → Bearbeitung → Transport → Einbau.
- Zwischen Bestellung und Einbau können Monate liegen → Preisschwankungen erheblich.
- Frage: Welcher Zeitpunkt („Bestellung“, „Verwendung“, „Einbau“) ist für die Preisgleitung entscheidend?
4. Auslegung des Begriffs „Verwendung“
- „Einbau“ und „Verwendung“ sind nicht identisch.
- Verwendung bedeutet: Zeitpunkt, an dem das Material erstmals tatsächlich genutzt wird (z. B. Wareneingang, Qualitätsprüfung, erste Verarbeitung).
- LG Magdeburg 2010: Im Regelfall deckungsgleich mit Einbau, aber auch frühere Nutzung (z. B. für Hilfskonstruktionen) denkbar.
- Ergebnis: Maßgebend ist der Zeitpunkt der Entgegennahme im Herstellerbetrieb – nicht die bloße Bestellung.
5. Problem und Kritik
- Zwischen Bestellung und Entgegennahme können starke Preisschwankungen auftreten → Risiko bleibt beim Auftragnehmer.
- Abweichende Regelungen (z. B. Deutsche Bahn ab 2008: „Einbau bzw. Verwendung auf der Baustelle“) verschieben den Referenzzeitpunkt nach hinten → Entlastungszweck wird verfehlt.
- Manipulationsgefahr: Abrechnung von Material, das gar nicht verbaut wird.
Fachfirma muss auf Mängel in der Planung hinweisen (IBR 2012,3652), Kurzbesprechung der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 17.10.2010, 5 U 95/09
Die Konfliktlösung durch die VOB/B-Stelle nach § 18 Abs.2 VOB/B – Praxis und Verbesserungspotentiale, NZBau 2012,335,
Im öffentlichen wie im privaten Baurecht findet derzeit eine Öffnung statt, hin zu mehr Dialog zwischen den Beteiligten und zu außergerichtlicher Streitbeilegung. Neue Verfahren werden angeboten und ausprobiert, im privaten Baurecht die Mediation, Adjudikation und die Experten-Schlichtung, in öffentlichen Planverfahren die frühzeitige Bürgerbeteiligung, Dialogverfahren und Mediation. Das „Alternativ Dispute Resolution“, (ADR) nach § 18 11 VOB/B gibt es schon seit Jahrzehnten – genutzt wird es aber kaum. Warum nicht? Was müsste geschehen, damit die „VOB/B-Stelle“ die Baubeteiligten bei der Konfliktlösung unterstützen und die Gerichte nachhaltig entlasten kann? Der in § 18 VOBIB angelegte Grundgedanke, zunächst mit Hilfe eines Dritten zu verhandeln und dann, wenn diese Verhandlung nicht zu einem Ergebnis führt, auch seinen Spruch zu akzeptieren, ist richtig und adäquat. Hingegen macht es wenig Sinn, zwei Verfahren („daneben“) parallel zu führen, wie dies § 18 III VOBIB suggeriert. Das kostet nur unnötig Geld und jeder schielt nach dem Ausgang des anderen. Die Entscheidung sollte jedoch nicht schwebend unwirksam sein, bis klar ist, dass kein Rechtsmittel eingelegt wurde, sondern“ vorläufig verbindlich“, wie dies bei der Adjudikation oder der Experten-Schlichtung vorgesehen ist. Mit Erleben des Spruchs erhöhen sich die Chancen, dass der Spruch akzeptiert werden wird, erheblich. Das Verfahren wird damit vor allem auch für die Auftragsabwicklung interessant, bei dem die Konflikte zwischen den Baubeteiligten eine zeitliche Komponente der Unsicherheit und Blockade bekommen, die letztlich das Projekt erheblich verteuert und weitere wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. Fazit Das Verfahren des § 18 II, III VOB/B bedarf der Renovierung. Die Entlastung der Baubeteiligten und der Gerichte kann nur mit einem vollwertigen Konfliktlösungsverfahren gelingen. Das wird nur möglich sein, wenn das ADR-Verfahren von einem neutralen Dritten durchgeführt wird, der über fachliche und mediatorische Kompetenzen verfügt. Es würde sich anbieten, diese Aufgabe extern zu vergeben, damit sich der öffentliche Auftraggeber vollständig.
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Selbstverständliches Wettbewerbsverbot für Subunternehmer?, BauR 2012,845
Besprechung der Entscheidung des KG Berlin vom 25.03.2011, 5 W 62/11, Editorial Heft 6 der Zeitschrift BauR 2012.
Anwendbarkeit des Bauforderungssicherungsgesetzes für vor 2009 geschlossene Verträge, NZBau 2011,713
Güntzer/Hammacher: Zum Stand der Überarbeitung der ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten“ Zeitschrift der Sachverständige DS 11/2011,357
Güntzer/Hammacher: Zum Stand der Überarbeitung der ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten“ Zeitschrift der Sachverständige DS 11/2011,357
Güntzer/Hammacher, Überarbeitung der ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten“ Überlegungen zur geplanten Neufassung 2012, NZBau 2011,589
Güntzer/Hammacher, Überarbeitung der ATV DIN 18335 „Stahlbauarbeiten“ Überlegungen zur geplanten Neufassung 2012, NZBau 2011,589
Zur Haftung der Prüfsachverständigen und der staatlich anerkannten Sachverständigen
Hinsichtlich der Haftung der Prüfsachverständigen nach den Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer bzw. – in Nordrhein-Westfalen (NRW) – der staatlich anerkannten Sachverständigen bestehen immer noch Unsicherheiten. Der Beitrag gibt einen allgemeinen Überblick zu den relevanten Haftungsfragen und Streitpunkten. Der Autor Rechtsanwalt Dr. Peter Hammacher, Mediator (BM), Schiedsrichter, Heidelberg Seit Mitte der 90er Jahre bemühen sich die Gesetzgeber von Bund1 und Ländern darum, die Verwaltungsprozesse effektiver zu gestalten. Die teilweise Übertragung vormals rein hoheitlicher Aufgaben im öffentlichen Baurecht auf private Dienstleister (sogenannte »beliehene Unternehmer«) gehört dazu.2 Die Muster-Verordnung über die Prüfingenieure3 und Prüfsachverständige nach § 85 der Muster-Bauordnung (im Folgenden Muster-VO) wurde mittlerweile weitgehend in den Ländern umgesetzt. Trotz der nun bereits einige Jahre andauernden Praxis bestehen noch immer Unsicherheiten hinsichtlich der Haftung der Prüfsachverständigen bzw. in NRW der staatlich anerkannten Sachverständigen (saSV). Trotz fehlender Klarstellung in der SV-VO kann in NRW für saSV nichts anderes gelten als für die Prüfsachverständigen in den anderen Bundesländern: Sie trifft die Haftung nach den Grundsätzen des Werkvertragsrecht, §§ 633 ff. BGB und nicht nach den Grundsätzen der Amtshaftung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
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Die Erstveröffentlichung des Beitrags finden Sie beim Bundesanzeiger Verlag in der Zeitschrift Der Bausachverständige 2010 Heft 6, 52. Weiterführende Informationen unter www.bundesanzeiger-verlag.de
Beweislastverteilung bei Mangel der Funktionstauglichkeit, in Zeitschrift NZBau 2/2010,91
Keine Gerichtsentscheidung ist so gut formuliert, dass sie nicht dennoch missverstanden werden könnte. Die Blockheizkraftwerk-Entscheidung vom 8.11.2007 läuft Gefahr, als Änderung der Beweislast-Verteilung zu Lasten des Auftragnehmers verstanden zu werden. Das war nicht gewollt. Die BHKW-Entscheidung des BGH darf nicht dazu verführen, vorschnell zu Lasten des Auftragnehmers einen Mangel anzunehmen und ihn zu zwingen, einen Entlastungsbeweis zu führen. Nach der Abnahme muss zuerst der Auftraggeber nachweisen, dass überhaupt eine Mangelerscheinung vorliegt. Wird eine Funktionsuntauglichkeit behauptet, muss der Auftraggeber nachweisen, dass der Auftragnehmer nach den getroffenen Vereinbarungen für eben diese Funktion einstehen wollte. Er muss weiter nachweisen, dass die Funktionsuntauglichkeit bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorlag und nicht auf spätere Einwirkungen von ihm oder Dritten zurückzuführen ist. Erst wenn die Funktionsuntauglichkeit bewiesen ist, muss der Auftragnehmer den Entlastungsbeweis führen, dass der Mangel auf die Planung oder Vorgewerke zurückzuführen ist und er seiner Prüf- und Hinweispflicht in den Grenzen der Zumutbarkeit nachgekommen ist
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Präventive Vertragsgestaltung: Kriterien für die Auswahl von Sachverständigen richtig bezeichnen!,
DEKRA-Newsletter-Informationen für Gerichte und Kanzleien, 2008/11
Güntzer/Hammacher, Stahlpreiserhöhungen und ihre Auswirkung auf Bauverträge, Zeitschrift Stahlbau, Heft 10/Oktober 2008, Seite 763
Güntzer/Hammacher, Stahlpreiserhöhungen und ihre Auswirkung auf Bauverträge, Zeitschrift Stahlbau, Heft 10/Oktober 2008, Seite 763; Sie können diesen Artikel für 25 Euro als Pdf herunterladen (als Online-Abonnent der Zeitschrift „Stahlbau“ kostenlos)
Stahlpreiserhöhungen und ihre Auswirkung auf Bauverträge, DEKRA Newsletter
Informationen für Gerichte und Kanzleien – 2008/07
Güntzer/Hammacher, Stahlpreise in: Stahlbau-Kalender 2009
Güntzer/Hammacher, Stahlpreise in: Stahlbau-Kalender 2009, 991 ff, Verlag Ernst und Sohn;
- Lärmschutz und der Stand der Technik, DEKRA Newsletter 2008/02
Ausführungszeichnungen im Stahlbau – wer trägt die Kosten? - in Zeitschrift Stahlbau 76 ( 2007 ), S.211
Zwar muß der Stahlbauer auch Werkstatt- und Montagepläne erstellen, um seinen Auftrag erfüllen zu können: Die hierfür erforderlichen Angaben entnimmt er den Ausführungsunterlagen, die ihm der Auftraggeber zur Verfügung zu stellen hat.
Diese Detail-Unterlagen sind jedoch – sofern nichts anderes vereinbart – nicht Bestandteil der Ausführungsunterlagen; sie dienen lediglich der Arbeitsvorbereitung. Der Auftraggeber kann sie ebenso wenig verlangen wie etwa Hilfskonstruktionen, die sich der Auftragnehmer für die Montage von Stahlbauteilen gefertigt hat. Gehören die Ausführungsunterlagen danach nicht zum Liefer- und Leistungsumfang des Auftragnehmers, handelt es sich um besondere Leistungen, die gern. § 2 Nr. 6, 9 VOB/B zusätzlich zu vergüten sind.
Basic-Engineering vs. Detail-Engineering, Baurecht 2007, 149
Immer wieder entsteht Streit darüber, ob und welche Ausführungsunterlagen der Auftragnehmer – womöglich auf seine Kosten – zu liefern hat. Ein steter Kampf an Schnittstellen – vor allem im Stahlbau. Der Fall: Die öffentliche Hand beauftragt ein (Stahlbau)-Unternehmen mit Werkleistungen. Im Zuge der Auftragsabwicklung verlangt der mit der Bauplanung und Projektsteuerung beauftragte Architekt die Vorlage von Ausführungsunterlagen zur Weiterleitung an den Prüfingenieur. Muss der Auftragnehmer Ausführungsunterlagen beschaffen und kann er hierfür Mehrvergütung nach §2 Nr. 9 VOB/B verlangen?
Verzicht auf fiktive Abnahme? BauRecht 2004, 1191
BVerfG: § 13 VergabeVO nicht verfassungswidrig, IBR-online, News 2004
Falscher Zweck — Auftrag weg!, VergabeR 2004, 127
Eine Vergabestelle darf bei Kenntnis von einem die ausgeschriebene Leistung nicht geeigneten Unternehmensgegenstand eines Bieters selbst dann den Zuschlag nicht erteilen, wenn die Eignung des Bieters anderweitig nachgewiesen ist. Bei der Abfassung des Unternehmensgegenstandes in einem Gesellschaftsvertrag muss eine vorausschauende Formulierung gewählt werden. Der Gesellschaftsvertrag sollte regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob der Unternehmensgegenstand den tatsächlichen Aktivitäten der Gesellschaft noch entspricht.
- Konzernverrechnungsklausel in der Insolvenz des Vertragspartners, Baurecht 2003, 21;
- Schuldrechtsmodernisierung: Warum keine Absicherung für Baulieferanten ?, BauRecht 2001, 1625;
- Lotz/Hammacher, Schimmelschäden vermeiden, Fraunhofer IRB Verlag, 2001;
- Zahlungsverzug und Werkvertragsrecht, BauRecht 2000, 1257;
- Lotz/Hammacher, Aktuelle Schadensfälle, Loseblatt Augsburg, bis 1999;
- VOB für Metall- und Stahlbau Loseblatt-Kommentar, Augsburg, 1994 fortlaufend bis heute in Aktualisierung;
- Buch: Fischer/Hammacher, Auftragsabwicklung – Ratgeber für die Praxis, Rheinberg 1996;
- 648a BGB: Bedarf es bei einem VOB/B-Vertrag einer ausdrücklichen schriftlichen Kündigungserklärung ?, BauRecht 1997, 4
- 648a BGB: Bedarf es bei einem VOB/B-Vertrag einer ausdrücklichen schriftlichen Kündigungserklärung ?, BauRecht 1997, 4